Hausbooturlaub in Burgund: Entschleunigung auf dem Canal du Centre
3 min
Ein Hausbooturlaub in Burgund ist die perfekte Kombination aus Entschleunigung, Naturerlebnis und Genuss. Mit einer Pénichette von Locaboat geht es führerscheinfrei über den idyllischen Canal du Centre – vorbei an Weinbergen, historischen Städtchen und charmanten Schleusen.
Frühstück mit Aussicht: Der perfekte Start in den Tag auf dem Hausboot
Mit etwas Überwindung schälen wir uns aus unseren Kojen und gehen an Deck. Die Luft draußen ist noch kühl an diesem Aprilmorgen, während es im Schiffsinneren durch die abends eingeschaltete Heizung mollig warm war. Ein Teil der Crew macht sich auf zum Bäcker, um Baguettes und Croissants zu besorgen, während der Rest Kaffee kocht und den Tisch deckt. Eine halbe Stunde später sitzen wir mit der Besatzung des Nachbarschiffs zu acht beim Frühstück und stellen fest: Unser Hausboot bietet mit vier Doppelkabinen und drei Nasszellen nicht nur viel Platz für den Einzelnen, sondern auch einen großzügigen Gemeinschaftsbereich mit Essplatz und gut ausgestatteter Küche.
Wir befinden uns in Saint-Léger-sur-Dheune, dem Liegehafen von Locaboat am Canal du Centre im Burgund. Die Reederei bietet führerscheinfreien Hausboot-Urlaub in Frankreich, Deutschland, Italien, Irland und den Niederlanden an. Markenzeichen von Locaboat ist die Pénichette, ein Bootstyp, der einem Lastkahn – französisch Péniche – nachempfunden ist. Zur Flotte gehören vier Pénichette-Modelle in verschiedenen Größen, darunter 38 Boote mit Hybrid-Antrieb.
Unsere Pénichette Flying Bridge wird noch konventionell mit Diesel betankt. Dafür hat sie ein großes Sonnendeck, Platz für mehrere Fahrräder und einen Außensitz. Praktisch: Es gibt je ein Steuerrad innen und außen, sodass man je nach Witterung flexibel ist. Das zielgenaue Manövrieren unseres 14 Meter langen Bootes unterstützt ein Bugstrahlruder. Der Propellerantrieb erleichtert Bewegungen zur Seite und wird per Knopfdruck aktiviert.
Schleusen leicht gemacht: Unsere Erfahrungen auf dem Canal du Centre
Von Saint-Léger wollen wir auf dem Kanal zunächst nach Nordosten bis Chagny fahren, dann nach Südwesten mit einem kleinen Teilstück auf der Saône bis zum Zielpunkt Chalon-sur-Saône. Drei Übernachtungen, mehrere Landausflüge und 16 Schleusen liegen auf der Strecke. An unserer Seite haben wir Francisco Forgas von Locaboat, genannt Paco, der uns das Fahrgebiet als sehr einsteigerfreundlich beschreibt: „Wir sind der einzige Vermieter in Saint-Léger und haben hier nur etwa ein Dutzend Boote. Außerdem ist der Canal du Centre besonders einfach zu befahren. Es gibt kaum Berufsverkehr, die Schleusen sind vollautomatisiert und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei acht Stundenkilometern.“
Außerdem, so bestärken wir uns, sind wir bestens vorbereitet – zumindest theoretisch. Noch zu Hause haben wir uns auf der sehr informativen Website von Locaboat über Bordsicherheit, Fahrmanöver und Schleusentechnik informiert. Zudem haben wir am Vorabend von Basis-Mitarbeiter Franck einen Crash-Kurs zu eben diesen Themen erhalten und eine Schleusen-Durchfahrt geübt. Auch einige Praxiserfahrung bringt unsere bunt zusammengewürfelte Crew mit. Doch die war nicht immer positiv: chaotische Manöver in überfüllten Häfen und Schleusen sowie ein auf einer Sandbank gestrandetes Boot gehörten dazu. Wie es uns wohl auf dem Canal du Centre ergehen wird?
Die erste Bewährungsprobe wartet gleich hinter Saint-Léger. Wie wir es gelernt haben, drosselt unser Steuermann vor der Schleuse das Tempo und bremst bei Bedarf, indem er den Rückwärtsgang einlegt. Steht die Ampel auf Grün, kann er gleich in die Schleuse hineinfahren und dabei zur Feinjustierung das Bugstrahlruder benutzen. In der Schleuse stellt er die Gangschaltung auf neutral und hält die Stellung, während zwei Crew-Mitglieder Seile um die beiden Poller am Schleusenrand schlingen, die sie locker halten. Durch Ziehen an einer blauen Stange wird der Schleusvorgang gestartet. Ist er abgeschlossen und das Tor geöffnet, werden die Seile eingeholt, dann fährt der Steuermann vorsichtig wieder aus. In den vier Schleusen bis Santenay können wir in wechselnder Besetzung diesen Ablauf üben und stellen fest: Eine Viererbesetzung ist für Anfänger ideal, denn so kommt kein Stress auf. „Kleineren Crews hilft aber auch gern der Schleusenwärter“, versichert Paco.
Wir aber genießen die Arbeitsteilung, denn so hat jeder mal Gelegenheit, einfach nur die Landschaft auf sich wirken zu lassen. Die Sonne blitzt durch die Bäume und Büsche am Ufer, zaubert schöne Lichtspiele auf dem Kanal. Radler und Spaziergänger auf den Treidelwegen winken freundlich. Die sanfthügelige Landschaft ist geprägt von Kuhweiden und Weinbergen. Auf den Grundstücken in den kleinen Dörfern werden Ziegen, Schafe, Pferde und Esel gehalten.
Weingenuss in Burgund: Besuche bei renommierten Weingütern entlang der Route
In Santenay legen wir unseren ersten Stopp ein und werden von Paco mit einer Besonderheit vertraut gemacht: „In Frankreich ist es erlaubt, auch außerhalb der Bootshäfen anzulegen und sogar zu übernachten. Teilweise gibt es Poller am Ufer, sonst kann man die an Bord vorhandenen Eisenstangen zum Festmachen benutzen.“ Das tun wir prompt und lassen uns dann zu einer Brotzeit unter dem Bimini mit der Crew vom Nachbarschiff nieder. Während der Fahrt durften wir das Sonnenverdeck nicht aufspannen, weil es in Schleusen und unter Brücken beschädigt werden könnte.
Anschließend spazieren wir zum Château de Santenay, einem geschichtsträchtigen Herrenhaus, dessen Dächer mit den für das Burgund so typischen bunten Ziegeln gedeckt sind. Chloé Déroy empfängt uns im Weingut Philippe le Hardi, das hier direkt an der Weinstraße Route des Grands Crus liegt und illustre Lagen wie die Côte de Beaune bewirtschaftet. Das spürt man an den Preisen: Wir probieren einen Weißwein der geografischen Kennzeichnung Village für 25 Euro, einen Pinot Noir für 31 Euro und einen weiteren Rotwein aus dem exklusiven Anbaugebiet Petite Chapelle für 110 Euro. Spannender als die bekanntermaßen ausgezeichneten Burgunderweine finden wir aber, was Chloé uns über die Ausrichtung des Betriebs in Zeiten des Klimawandels erzählt. So experimentiere man trotz des hohen Stellenwerts des heimischen Eichenfasses mit Ton-Amphoren für die Lagerung. „Mit zunehmender Hitze wird der Wein in den Eichenfässern immer stärker. Amphoren dagegen erhöhen die Frische.“
Ähnliche Themen beschäftigen die Mitarbeiter des Weinguts André Delorme. Dorthin radeln wir am nächsten Tag, nachdem wir wieder auf freier Strecke in Rully angelegt haben. Das Weingut spielt in einer günstigeren Preisliga und hat sich nicht nur mit Rot- und Weißwein, sondern auch mit dem Crémant de Bourgogne einen Namen gemacht. Monique Verdot erklärt uns im Weinkeller anschaulich, wie der handverlesene Schaumwein hergestellt wird: „Nach mindestens neun Monaten Liegendlagerung wird er für ein paar Tage auf den Kopf gestellt, sodass sich die Hefe absetzt. Dann kommt das Dégorgement, das heißt, er wird schockgefrostet und entkorkt, um die Hefe zu entfernen.“ Eine der Hauptreben für den Crémant ist der hitzeempfindliche Pinot Noir – ein Problem, denn greift man auf robustere Sorten zurück, wie sie etwa im Rhonetal angebaut werden, verliert man die typischen Sorten des Burgund.
Typisch ist auch die Wurst- und Käseplatte, die uns Monique nach der Führung serviert. Neben solchen Verköstigungsmöglichkeiten warten entlang der Strecke mehrere Restaurants, die gerade zur Mittagszeit preiswerte Menüs anbieten. Etwas Offenheit für die regionale Küche mit Spezialitäten wie Schnecken sollte man allerdings mitbringen.
Von der Kanalromantik zur Flussweite: Finale auf der Saône
Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team, sodass uns die acht Schleusen auf der Strecke zwischen Rully und Fragnes nichts anhaben können. Wir wissen, dass man unter einer Brücke den Kopf einzieht und vor einer Kurve für den Gegenverkehr hupt. Im Hafen von Fragnes erwartet uns abends nicht nur ein Froschkonzert, sondern auch ein freundlicher Nachbar, der uns mit einem Adapter für das Auffüllen des Frischwassertanks weiterhilft.
Am letzten Tag der Tour erwartet uns nur noch eine einzige Schleuse: die von Crissey. Mit einem Gefälle von 10,76 Metern ist sie besonders beeindruckend. Wir machen die Pénichette fest und schauen dem Vorgänger-Boot von Land aus beim Schleusen zu. Wenig später heißt es: au revoir, Canal – bonjour, Saône! Das Flussbett weitet sich, Brückenmasten und die Silhouette von Chalon-sur-Saône kommen in Sicht. Nach den Tagen der Entschleunigung müssen wir uns an die städtische Betriebsamkeit erst wieder gewöhnen. Ein Zeichen, dass es mit dem Abschalten gut geklappt hat.
ARCD-Reiseservice
Anreise:
Per Pkw zum Starthafen Saint-Léger-sur-Dheune (z. B. ab Frankfurt/Main ca. 580 km) oder per Zug nach Chalon-sur-Saône (Transfer zum Starthafen beim Veranstalter buchbar).
Hausboot-Anbieter: Locaboat Holidays, http://www.locaboat.com/de, Tel. 0761/207370. Preisbeispiel für 4 Personen auf der beschriebenen Strecke: ab 1.848 €/Woche.
Hausboot-Knigge:
Umfangreiche Infos zu Reiseplanung und Serviceleistungen sowie zu Bordleben und Bootsnavigation bietet Locaboat unter www.penichette.com/de.
Weingüter:
- Château Philippe le Hardi, https://philippelehardi.fr
- Maison André Delorme, https://andre-delorme.com
Infos zur Region:
Reiseplanung mit dem ARCD:
Die hier beschriebene Reise und viele weitere Angebote für Hausboot-Urlaub können Sie beim ARCD-Reisebüro buchen.
Kontakt: Tel. 09841/409150 oder info@arcd-reisen.de
„Mir hat bei meiner Hausboot-Tour vor allem die entschleunigte Art des Reisens und die Hilfsbereitschaft unter den Bootscrews gefallen.“
Autorin
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