Historische Dampflok Locomotive No. 1 im Eisenbahnmuseum Hopetown.

Eisenbahnjubiläum in England: 200 Jahre Reisen auf Gleisen

3 min

01.09.2025Stefan Weißenborn

Es war der Startschuss ins moderne Eisenbahnzeitalter: Am 27. September 1825 bestiegen hunderte Menschen offene Waggons, die eine Dampflok von Shildon nach Stockton zog. Ein Meilenstein, der auch dem Massentourismus den Weg ebnete.

 

 Blick in den Bahnhof Darlington Station mit Festivalplakat.
Am Bahnhof von Darlington wird mit Plakaten auf das Eisenbahn-Jubiläum hingewiesen. Foto: Stefan Weißenborn

England feiert in diesem Jahr die „Geburt der modernen Eisenbahn“. Mit Sonderausstellungen, Lok-Paraden, Podiumsdiskussionen sowie Mitmach-Aktionen auch für Kinder gibt es bis in den November einen ganzen Veranstaltungsreigen für Bahnfans. Höhepunkt des Festivals sind die Demonstrationsfahrten einer Replika der berühmten Locomotive No. 1 am Jubiläumswochenende 26. bis 28. September im nordenglischen Shildon.

Der Nachbau mit Waggons im Schlepptau wird Abschnitte der ursprünglichen Strecke der Stockton & Darlington Railway entlangzuckeln, um den Zuschauern zu vermitteln, „wie es damals ausgesehen haben könnte“ am 27. September 1825, sagt Sarah Price, Leiterin des Bereichs Lokomotiven im Museum Locomotion in Shildon

Dort begann vor 200 Jahren die erste geplante Dampflokfahrt mit Passagieren an Bord von Waggons. Die Stockton & Darlington Railway, abgekürzt S&DR, wurde damit zur weltweit ersten öffentlichen Eisenbahn, die Dampfloks für den Personen- und Güterverkehr nutzte. „200 Years of Train Travel since 1825“ ist eines der Festivalmottos, auf Plakaten am Bahnhof in Darlington steht: „A journey that transformed the world“.

 

Historische Lok The Rocket im National Railway Museum in York.
Die legendäre Lok The Rocket zog ab 1830 die Waggons auf der ersten Intercity-Verbindung der Welt. Foto: Stefan Weißenborn

Sitzplatz zwischen Kohle und Mehlsäcken

Von Shildon ging die Fahrt über Darlington bis nach Stockton-on-Tees, rund 40 Kilometer mit maximal rund 25 km/h. In den 34 Waggons mussten sich die Passagiere ihren Platz mit der Ladung teilen. Sie saßen zwischen Kohle und Mehlsäcken. Und ein Dach gab es ohnehin nicht.

Die S&DR verlieh nicht nur der Industrialisierung einen Schub, indem Kohle schneller transportiert werden konnte. Sie war für den Konstrukteur der Locomotive No. 1 George Stephenson auch ein Zwischenschritt zu The Rocket, jener legendären Lok, die ab 1830 zwischen Liverpool und Manchester die Waggons auf der ersten Intercity-Verbindung der Welt zog. Kontinente wurden mit Gleisen erschlossen, Experten aus der ganzen Welt holten sich in England Rat, sagt Mathew Harrison, ein zugbegeisterter volunteer im Museum Locomotion.

Blick auf die historische Eisenbahnbrücke Skerne Bridge mit einer Infotafel im Vordergrund.
Die Skerne Bridge ist die älteste Eisenbahnbrücke der Welt, die noch als solche genutzt wird. Foto: Stefan Weißenborn

Meilenstein für den Tourismus

Auch für die Entwicklung des Tourismus spielt die Pionierfahrt von 1825 eine wichtige Rolle. Der Tourismus-Pionier Thomas Cook erkannte das Potenzial der Eisenbahnen und erfand die Pauschalreise. Er legte damit die Basis für den aufkommenden Massentourismus: Zwischen Leicester und Loughborough machte er 1841 den Passagieren für Fahrt, Snacks und Getränke erstmals einen Komplettpreis.

Wer heute auf historischen Spuren wandelt, findet in Shildon und Darlington einige der ältesten Gebäude mit Eisenbahnbezug überhaupt. „Cape to Cairo“ steht an einem ägyptischen Restaurant, das schon 1825 als Gaststätte genutzt wurde: Am damaligen „Mansion’s Arm Inn“, aus heutiger Sicht so etwas wie die erste Eisenbahnkneipe der Welt, ging die Fahrt los. 

Stephenson steuerte die Lok auch über die Skerne Bridge bei Darlington. 1825 erbaut, ist sie die älteste Eisenbahnbrücke der Welt, die als solche noch genutzt wird.

Museumsmitarbeiter vor dem Museum Locomotion in Shildon.
Ehrenamtliche Mitarbeiter wie Mathew Harrison führen Besucher gern über das Gelände des Museums Locomotion in Shildon. Foto: Stefan Weißenborn

Tour entlang der ehemaligen Trasse

Ab dem Museum Locomotion führt ein Rundweg auch zu den Cole Drops aus den 1840er-Jahren, einer steinernen Rampe mit Rundbögen zum Verladen von Kohle. Von 1827 stammt das Soho Shed. Die einstige Werkstatt gilt als einer der ältesten Lokschuppen der Welt. Ältestes Gebäude aber ist Kilburn’s Warehouse von 1826. Hier lagerte Kohle und anderes Gut. Es ist der Vorläufer moderner Güterterminals. 

Zum Jubiläum gibt es geführte Rundgänge über das historische Areal. Doch volunteers wie Matthew Harrison kann man immer ansprechen, ob sie einem den historischen Eisenbahnerschatz vor der Museumstür in Shildon zeigen. 

Man schlendert entlang der ehemaligen Trasse, die alten Gleisen liegen längst nicht mehr. Eine Schau-Installation aber zeigt, wie sie sich im Laufe der Zeit konstruktiv verbesserten.

 Historischer Hochgeschwindigkeitszug Mallard im National Railway Museum in York.
Im National Railway Museum in York ist der Hochgeschwindigkeitszug Mallard zu bewundern, der schon 1938 auf über 200 km/h kam. Foto: Stefan Weißenborn

Wo Kult-Loks zu bestaunen sind

Hinter den Museumstüren gibt es die Mobile zu bestaunen. Nach einer Rundreise durch mehrere Museen kehrt Locomotive No. 1 ins Museum in Shildon zurück und wird dort dauerhaft zu sehen sein. Zur Sammlung zählt auch Carriage No. 59 von 1847, der älteste Eisenbahn-Passagierwaggon, der die Zeiten überdauert hat. 

Einen Besuch wert ist auch das National Railway Museum in York. Hier stehen weitere Kult-Loks im Original, etwa der Flying Scotsman von 1934 und der Mallard, der schon 1938 auf über 200 km/h kam.

Fahrt mit der Museumsbahn

In Darlington, nur wenige Gleiskilometer von Shildon entfernt, wartet ein weiteres Museumsjuwel: Hopetown, untergebracht in und um die einstige North Road Station von 1842, dem ältesten Bahnhofsempfangsgebäude der Welt. 

Pünktlich zum Jubiläumsjahr wurde die Renovierung des Museums abgeschlossen. Hier kann man in einem stilisierten Waggon mit 3D-Leinwand und simuliertem Fahrtwind eine immersive Zeitreise ins Jahr 1825 unternehmen.

Wer aber eine echte museale Bahnfahrt machen möchte, hat Optionen in der Nähe. Das Locomotion-Museum lädt regelmäßig zu Train Rides mit einem The-Rocket-Nachbau. Und anderthalb Autostunden entfernt verkehrt durch urige Heidelandschaft mit alten Wäldern die North Yorkshire Moors Railway. Auch sie geht auf den Bahn-Pionier Stephenson zurück.

 

Mit der North Yorkshire Moors Railway kann man sich auf historische Dampfzug-Fahrt begeben. Video: Stefan Weißenborn

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