Flugzeug erzeugt Kondensstreifen am Himmel.

Nachhaltiges Fliegen: Wie CO2-Reduktion im Luftverkehr gelingen soll

3 min

15.02.2025Haiko Tobias Prengel

Fliegen und Klimaschutz – geht das? Airlines setzen auf CO2-Reduktion, effizientere Flugrouten und nachhaltige SAF-Kraftstoffe. Doch Experten bleiben skeptisch.

 

Ein Passagierjet, bei dem das Triebwerk ausgeht: Das klingt beunruhigend – doch Michael, der Pilot im Cockpit des Airbus A320, hat die Turbine bewusst abgeschaltet. „Keine Sorge“, sagt er, „es besteht keine Gefahr.“

Schließlich hat der Airbus zwar zwei Triebwerke, für den Rollgang am Boden etwa reicht jedoch die Nutzung von einem aus. „So sparen wir Kraftstoff und reduzieren den CO2-Ausstoß“, erklärt Michael uns nach der Landung in Bordeaux. Er und sein Co-Pilot Raphael arbeiten für Easyjet. Die britische Fluggesellschaft will, wie andere Airlines auch, nachhaltiger werden.

Denn der Luftverkehr ist besonders klimaschädlich: Schon heute ist er weltweit für etwa fünf Prozent der globalen Erwärmung verantwortlich. Und weil die Branche stark wächst, werden die Umweltprobleme noch größer werden.

Jedes Prozent CO2-Reduktion zählt im Luftverkehr

Mit Effizienzverbesserungen versuchen die Fluggesellschaften gegenzusteuern. Welche Maßnahmen das bei Easyjet sind, erklären uns die Piloten Michael und Raphael während eines exklusiven Interviews im Cockpit. Michael klappt ein Notebook auf, auf dem die Flugdaten gespeichert sind. 790 nautische Meilen – also 1.463 Kilometer – legte unser Airbus von Berlin nach Bordeaux zurück. Dabei wird mithilfe des Autopiloten nicht einfach Luftlinie geflogen, sondern die effektivste Route nach aktuellen Wetter- und Windbedingungen ausgewählt: nämlich heute über Luxemburg, Paris und Limoges. Auch flogen wir mit 39.000 Fuß (knapp 12.000 Meter) besonders hoch. „Je höher die Reiseflughöhe, desto geringer der Luftwiderstand und somit der Treibstoffverbrauch“, erklärt Pilot Michael.

Hinter den Berechnungen stehen spezielle Softwareprogramme, mit denen Easyjet alle Flugzeuge ausrüsten will: Descent Profile Optimisation (DPO) und Continuous Descent Approach (CDA), die unter anderem den Sinkflug optimieren sollen. „Diese flottenweite Investition ermöglicht uns eine dauerhafte Treibstoffeinsparung von bis zu einem Prozent oder 88.600 Tonnen CO2 pro Jahr“, sagt eine Unternehmenssprecherin.

Flugzeug wird mit SAF betankt.
Nicht erdölbasierte Flugkraftstoffe (SAF) sollen herkömmliches Kerosin ersetzen, um Emissionen stark zu reduzieren. Kritiker bemängeln unrealistische Hoffnungen auf hohe Verfügbarkeit von SAF. Foto: Easyjet

Effizienz-Steigerung und Sustainable Aviation Fuels (SAF) stehen im Fokus

Weitere Bausteine sind eine Flottenerneuerung mit treibstoffsparsameren Maschinen und mehr Betriebseffizienz, etwa indem mit möglichst wenig leeren Plätzen geflogen wird. Darüber hinaus setzt Easyjet viel Hoffnung in alternative, nicht erdölbasierte Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuel; kurz: SAF) und Wasserstofftechnologie, die klimaschädliches Kerosin laut der Gesellschaft „in den nächsten Jahrzehnten“ möglichst ersetzen sollen. Das Ziel: Ein komplett emissionsfreier Betrieb bis 2050.

Ein ambitioniertes Vorhaben, das sich auch andere Fluggesellschaften wie die Lufthansa vorgenommen haben. „Green Fares“ heißt der Sondertarif, mit dem Lufthansa-Kunden gegen Aufpreis ihre individuellen CO2-Emissionen reduzieren können. Möglich machen sollen dies Beiträge für ausgewählte Klimaschutzprojekte sowie die Nutzung von SAF-Kraftstoffen. Kritiker werten derartige Programme als Greenwashing. Die Deutsche Umwelthilfe hat Lufthansa wegen irreführender CO2-Neutralitätsversprechen verklagt.

In der Luftfahrt sind die absoluten Emissionen das Problem

Auch Stefan Gössling sieht die Öko-Versprechen der Luftfahrtgesellschaften kritisch. „Es ist irrelevant, ob ein Flugzeug etwas effizienter fliegt oder nicht. Die absoluten Emissionen müssen sinken und das tun sie nicht“, sagt der Mobilitätsforscher, der an der Universität Kalmar in Schweden zu nachhaltigem Tourismus forscht. Gössling zufolge sind klimaneutrale Flüge schlicht unmöglich, weil der Luftfahrt technische Grenzen gesetzt sind. 

Autos fahren elektrisch deutlich umweltfreundlicher, doch tonnenschwere Passagierjets lassen sich kaum mit einem E-Motor bewegen. Auch dass SAF-Kraftstoffe oder E-Fuels mittelfristig in großer Masse zur Verfügung stehen, sei ein Wunschdenken, sagt der Forscher. „Es gibt weltweit nicht eine Pilotanlage, in der etwa E-Fuels in nennenswerter Menge hergestellt würden.“ 

Doch um den Klimawandel aufzuhalten, müssen die CO2-Emissionen sofort gesenkt werden. Das geht beim Flugverkehr aus Expertensicht nur, indem weniger geflogen wird. Wie erreicht man das? Indem die CO2-Besteuerung deutlich erhöht und insbesondere Premium- und Privatflüge deutlich teurer gemacht würden: „Ein Prozent der Menschheit ist für 50 Prozent der Emissionen aus dem Flugverkehr verantwortlich – das sind die Vielflieger“, sagt Stefan Gössling. Wenn hier nicht stark besteuert werde, werde es unmöglich sein, die Emissionen zu reduzieren. 


"Die absoluten Emissionen müssen sinken und das tun sie nicht"

Stefan Gössling, Mobilitätsforscher, Universität Lalmar

Hinweisschild zur Lufthansa Senator und Business Lounge
Anreize durch Prämienprogramme: Vielflieger erwerben Punkte für unterschiedliche Status-Stufen mit bestimmten Annehmlichkeiten wie etwa dem Zutritt zu exklusiven Lounge-Bereichen. Wer seinen Status behalten will, muss regelmäßig fliegen. Foto: stock.adobe.com/© Kenishirotie

Für nachhaltiges Fliegen ist die Reiseplanung entscheidend

Und Wenigflieger wie wir? Unsere Reise von Berlin nach Südfrankreich ist in diesem Jahr unsere einzige Flugreise. Normalerweise fahren wir mit dem Auto in den Urlaub, im Alltag bevorzugen wir Bus und Bahn oder das Fahrrad.

All das sind Mittel, den persönlichen CO2-Fußabdruck zu senken. Und auch beim Fliegen sei der Einzelne keineswegs machtlos, sagt Mobilitätsforscher Stefan Gössling. So kann man sich bei der Reisebuchung für eine Fluggesellschaft entscheiden, die mehr für den Klimaschutz tut als andere, der Airline-Index von Atmosfair gibt Aufschluss. Direktflüge sind effizienter als solche mit Zwischenstopps, denn mehr Starts und Umwege bedeuten mehr Kerosinverbrauch. „Und zur Safari nach Afrika fliegen Sie statt nach Südafrika besser nach Kenia, das liegt mehrere tausend Kilometer näher.“

Eine Safari aber wollen wir ja gar nicht machen, uns zieht es an die französische Atlantikküste. Um dort mobil zu sein, haben wir uns vor Ort ein Elektroauto ausgeliehen.


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