Der ganz persönliche ARCD-Rückblick auf die IAA Mobility 2025

3 min

25.09.2025Jessica Blank, Wolfgang Sievernich und Thomas Schreiner

Zum dritten Mal in Folge war die IAA Anfang September 2025 zu Gast in München. Inzwischen ist die Messe viel mehr als eine reine Leistungsschau der PS-Boliden. Mobilität in zahlreichen Facetten findet hier ihren Platz und ihr Publikum. Neben den eigentlichen Messehallen und exklusiven Fachveranstaltungen schaffte vor allem der kostenfreie Open Space in der Innenstadt viele Berührungspunkte zu den Besucherinnen und Besuchern. Das haben wir auf der großen Schau zur Mobilität der Zukunft beobachtet.  

 

(K)ein Ende der SUV in Sicht

Kia EV2 Concept wird auf einem IAA-Messestand gezeigt.
Die Studie des Kia EV2 ist als Stadt-SUV gedacht, es soll ab 2026 auf den Markt kommen. Foto: Wolfgang Sievernich

SUV prägen inzwischen das Straßenbild. Fast jeder Hersteller hat heute hoch bauende Modelle im Programm, die mehr oder weniger geländetauglich sind. Ein Blick auf die Neuheiten der IAA 2025 zeigt: Von einer Reduzierung des Angebots kann auch künftig keine Rede sein. Gleichzeitig arbeiten die Hersteller an kleineren, bevorzugt elektrisch angetriebenen und sparsameren Fahrzeugen.

Kia etwa präsentierte in München das EV2 Concept – eine seriennahe Studie eines kompakten Elektro-SUV. Designchef Karim Habib erklärte die Markenstrategie so: „Ein kleines Auto sollte nicht wie ein kleines Auto wirken.“ Kompakte Fahrzeuge dürften nicht den Eindruck erwecken, Käufer hätten sich kein größeres Modell leisten können, sagte Habib. Deshalb erinnert das kleinste Modell optisch an das Größte, den EV9. Ein langer Radstand und kurze Überhänge sorgen für Platz im Innenraum, Recycling-Materialien unterstreichen den Nachhaltigkeitsanspruch. Das Showcar war noch mit gegenläufig öffnenden Türen versehen, die Serienversion dürfte pragmatischer daherkommen. Anfang 2026 ist es so weit. 

VW ID.Cross wird auf einem IAA-Messestand gezeigt.
Große Hoffnungen setzt Volkswagen in den elektrischen ID.Cross. Foto: Wolfgang Sievernich

Auch Volkswagen setzt auf kompakte Modelle – im Gegensatz zu Kia sogar auf echte Kleinwagen. Auf der IAA präsentierte der Konzern die Studie des elektrisch angetriebenen ID.Polo sowie seine Schwestermodelle Cupra Raval und Skoda Epiq. Ohne SUV geht es aber auch bei VWs Kleinsten nicht: Der ID.Cross, designierter Nachfolger des T-Cross, kommt erstmals rein elektrisch. Innen soll er sympathisch wirken, mit Wohnzimmer-Atmosphäre sowie einer Kombination aus Touchflächen und klassischen Schaltern. Fraglich bleibt jedoch, ob Volkswagen mit den neuen Kleinen tatsächlich die angepeilte 25.000-Euro-Marke unterbieten kann – nachhaltige Materialien, innovative Technik und von den Kunden geforderte höhere Reichweiten treiben die Kosten deutlich in die Höhe. 2026 kommt der Zahltag, dann starten Volkswagens kleinste E-Autos.

Audi Concept C wird auf einem IAA-Messestand gezeigt.
Audis Roadster-Studie Concept C könnte den Aufbruch der Marke in eine neue Designwelt markieren. Foto: Wolfgang Sievernich

Nur eine Handvoll Studien wenden sich von den SUV ab

Hyundai wählt einen anderen Weg. Die Studie Concept Three gab einen Ausblick auf den kommenden Ioniq 3. Das sportlich geschnittene Elektro-Coupé setzt auf kompakte Proportionen, eine 400-Volt-Architektur für schnelles Laden und Reichweiten von bis zu 600 Kilometern. 

Trotz vereinzelter Design-Ausbrüche rollt die SUV-Welle also weiter. Die IAA 2025 zeigte mit wenigen Studien allerdings nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was künftig auf die Straßen kommen wird. Ob die Messe deshalb – wie in der Vergangenheit – als Gradmesser für die automobile Zukunft gelten kann, bleibt fraglich.

Elektrisch sein ist nicht alles

Früher galten Autos als ökologisch, wenn sie wenig Kraftstoff verbrauchten. Zwischenzeitlich rückte vor allem die Effizienzklasse in den Fokus – sparsamer Verbrauch war dabei oft nur noch zweitrangig. Heute scheint es zu genügen, wenn ein Fahrzeug elektrisch angetrieben ist. Das allein gilt schon als umweltfreundlich. Zu diesem Schluss kommt man beim Blick auf die zahlreichen Neuvorstellungen der IAA. Hohe Reichweiten, schnelle Ladeströme und flotte Fahrleistungen scheinen wichtiger. PS-Zahlen werden hier wie Kamelle verteilt: 300 bis 400 PS? Fast normal. 850 PS in einer Oberklasse-Limousine? Kein Problem. Weniger würde genügen. Trotzdem bedeutet Sparsamkeit nicht zwangsläufig Verzicht – und ökologisch zu sein, beschränkt sich nicht darauf, viel Reichweite zu sammeln.


Autor Wolfgang Sievernich.

„Ich habe auf der IAA 2025 keine Autos gesehen, die wirklich bezahlbare Mobilität bieten – offenbar gehen die mit der E-Mobilität verloren.“

Wolfgang Sievernich

Gründergeist sorgt für Schwung

Blinksignal-Projektion des Fraunhofer-Instituts auf der IAA 2025.
Mit dynamischer Blinksignal-Projektion wollen Fraunhofer-Forscher die Sicherheit steigern. Leider (noch) nicht zulassungsfähig. Foto: Thomas Schreiner

Dass sich die Mobilität der Zukunft nur gemeinsam erfolgreich gestalten lässt, war eine auffällig häufig geäußerte Beschwörungsformel auf der IAA 2025. Und das in vielerlei Hinsicht: organisatorisch und psychologisch natürlich, aber auch technologisch. Auf dem vorrangig für Fachbesucher eingerichteten Messegelände in München-Riem wurde das ebenso deutlich wie im Open Space der Münchner Innenstadt. Doch vor allem in den Messehallen mischten sich Start-ups aus fast 20 Ländern sowie Forschungsinstitute unter große Aussteller. Was auf Besucher zunächst unstrukturiert wirkte, zielte auf Nähe zwischen Industrie und innovativen Ideengebern ab. 

Die kamen vielfach aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), Digitalisierung, Ladeinfrastruktur, Autonomes Fahren sowie Recycling und Kreislaufwirtschaft. Themen, die für Mobilität immer wichtiger werden. 

Autonomes Fahren im Forschungsfahrzeug Edgar der TU München.
Die TU München demonstrierte im Forschungsfahrzeug Edgar Autonomes Fahren auf den Münchner Straßen. Foto: Thomas Schreiner

Etwas mehr Selbstbewusstsein darf ruhig sein

Gerade in Europa erweisen sich allerdings Bürokratie, Datenschutz und starke Regulierungen oftmals als Hemmschuh bei der Verwirklichung aussichtsreicher Innovationen. Ein weiterer Knackpunkt: „Es gibt tolle Innovationen, aber oft ist der Marktbedarf falsch kalkuliert“, sagte Sabrina Kowalski. Mangelnde Ressourcen kämen hinzu, ob personell, technologisch oder finanziell. Der Projektleiterin der Pixida GmbH kommt es darauf an, als Start-up-Partner Investorenkapital effizient einzusetzen und guten Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. 

E-Motor von Hyperdrives auf der IAA 2025.
Die neuartige Kühlung von Hyperdrives lässt E-Motoren erheblich schrumpfen. Foto: Thomas Schreiner

Wer zu den sechs ausgewählten Start-ups zählt, denen eine unabhängige Jury vorab besonders gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anlaufphase bescheinigte, ist schon mal auf einem guten Weg. Die IAA fand zwar in München statt. Aus Deutschland oder zumindest Europa zu kommen, sei aber kein Auswahlkriterium, betonte Jury-Mitglied Matthias Schanze von Rethink Ventures. Umso höher ist zu bewerten, dass vier der sechs ausgewählten Start-ups aus Deutschland stammen. Ihre Entwicklungen und Arbeitsfelder: eine neuartige Kühltechnologie für E-Motoren (Hyperdrives, München), softwarebasierte Lösungen zur Objekterkennung für Autonomes Fahren (fiveD, Erlangen), Optimierung von Produktionsprozessen durch KI (Manex AI, München) und Recycling von Antriebsakkus (Circunomics, Mainz).

Beispiele wie diese meinte Anita Wölfl vom ifo Zentrum für Innovationsökonomik bei einer Podiumsdiskussion auf dem Marienplatz wohl, als sie sagte: „Die Innovationskraft in Deutschland ist besser als ihr Ruf.“ Auch das war 2025 eine Botschaft der IAA.

Den Kopf nicht in den Sand stecken

Seit Jahren verfolge ich die Arbeit von Prof. Markus Lienkamp. Was mich beeindruckt: Der Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik der TU München ist ein anerkannter Experte für Autonomes Fahren und versteht es zugleich, komplexes Wissen verständlich zu vermitteln. Das zeigte sich erneut auf der IAA, wo er und seine Doktoranden das Forschungsfahrzeug Edgar präsentierten – nahbar und wissenschaftlich fundiert. Natürlich ist so ein Lehrstuhl eng mit der Industrie verbunden, die sich in einer massiven Transformation befindet. Lienkamp denkt dabei auch an seine Studierenden: Welche Perspektiven haben sie in einem Arbeitsmarkt, der aktuell mehr abbaut als einstellt? Dabei bescheinigen Experten Deutschland viel Potenzial. Bei E-Motoren und Sensoren haben wir schon die Nase vorn, bei Software sind die USA und China aber noch voraus. Hier gilt es aufzuholen. Edgar würde die Fahrprüfung heute noch nicht bestehen. Aber ich bin mitgefahren und habe die Leute getroffen, die daran arbeiten. Sie machen mir Hoffnung.


Autor Thomas Schreiner.

„Mir hat gefallen, dass sich Edgar defensiv an die Realität herantastet. Das ist besser, als neue Technologien überhastet auf den Markt zu werfen.“

Thomas Schreiner

Innovationskraft besser nutzen

Weltmeisterauto des autonomen Rennsports auf dem Marienplatz München während der IAA 2025.
Das Weltmeisterauto des autonomen Rennsports nutzt die TU München, um die KI zu trainieren. Foto: Jessica Blank

Werden in Zukunft Reisende in Kapseln durch eine Röhre mit Unterdruck von München nach Berlin geschossen? „Sicher nicht“, meinte Oliver May-Beckmann. Aber die Kapsel (engl. Pod) der TU München, die mehrfach Wettbewerbe von Elon Musk in den USA gewonnen hat, zeige, welche Innovationskraft in unserem Land liege. Und diese gelte es zu nutzen, denn derzeit würden 75 Prozent davon verloren gehen, sagte der Geschäftsführer des MCube. 

MCube steht kurz für das Münchner Cluster für die Zukunft der Mobilität in Metropolregionen, das aus der Technischen Universität heraus geleitet wird. „Mobilität der Zukunft wird mit Bürgerinnen und Bürgern gestaltet, nicht mit Fachpublikum“, erklärte May-Beckmann. Deshalb konnte die Öffentlichkeit bei der IAA im Citizen Lab am Marienplatz einige Projekte und Vorträge erleben. Ein begehrtes Fotomotiv: das Weltmeisterauto des autonomen Rennsports. Die dabei gewonnenen Daten würden helfen, die KI zukunftssicher zu machen für autonome Busse, sagte May-Beckmann. 

ÖPNV-Erlebniswelt während der IAA 2025 auf dem Königsplatz München.
Wie die Zukunft im Nahverkehr aussehen könnte, wurde den Bürgern während der IAA 2025 in München auf dem Königsplatz demonstriert. Foto: Jessica Blank

Autonomes Fahren als Zukunft des ÖPNV

Dass das Autonome Fahren eine Rolle in der Zukunft spielen werde, betonten mehrere Referenten bei verschiedenen öffentlichen Vorträgen. Sinaida Cordes, Geschäftsführerin der Münchner Verkehrsgesellschaft, machte deutlich, dass man fahrerlose Fahrzeuge in allen Größen brauche, um die wachsende Zahl an Menschen in Zukunft zu transportieren. „Wir sprechen auch über richtig große Fahrzeuge. Wir transportieren in einer U-Bahn 1.000 Menschen.“ Auch der Hamburger Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks betonte, dass das wachsende Verkehrsaufkommen im ÖPNV ohne Autonomes Fahren nicht zu stemmen sein werde. Immerhin: In Hamburg hätte der Stadtverkehr seit 2020 um 20 Prozent abgenommen und sich auf den Öffentlichen Nahverkehr verlegt. 

Fahrrad-Taxi während der IAA 2025 in der Münchner Innenstadt.
Mit dem Fahrrad-Taxi fährt man in der Innenstadt schnell und umweltfreundlich. Foto: Wolfgang Sievernich

Dass die Mobilität der Zukunft auch auf dem Fahrrad stattfinden werde, prognostizierte der Mobilitätsreferent der Stadt München. Zwar werde beim kleinen Güterverkehr auch das Autonome Fahren eine Rolle spielen, aber es würden schon große Radlogistik-Hubs getestet, unter anderem für Kühltransporte. „15 Lastenräder können zehn Transporter ersetzen, da liegt ein großes Potenzial“, sagte Georg Dunkel. Wie in anderen Innovationen: Die TU München arbeitet derzeit an einem digitalen Zwilling des Verkehrssystems, mit dem zum Beispiel die Feuerwehr strategische Einsatzpläne auf Basis der Echtzeit-Verkehrslage erstellen kann. Zudem könnten Planungsentscheidungen der Städte durch Live-Simulationen fundiert getroffen werden. „Wir dürfen nicht nur im Elfenbeinturm entwickeln, wir müssen im Realverkehr mit den Menschen testen und Mobilität für alle gestalten“, sagte May-Beckmann.

Da ist noch Luft nach oben

Nach einer unkomfortablen Anreise zur IAA in verspäteten und vollgestopften, warmen, nicht wohlriechenden Zügen war ich noch gespannter auf Ideen zur Mobilitätswende. So wird das nämlich nichts, liebe Deutsche Bahn. Auf einem 2.000 Quadratmeter großen Stand präsentierte sich die „Zukunft Nahverkehr“ so, als gäbe es nichts Schöneres als den ÖPNV. Ganz klar, ohne einen funktionierenden Nahverkehr wird es nichts mit der Verkehrswende. Dass es da noch an allen möglichen Stellschrauben ruckelt und hakelt, weiß jeder, der regelmäßig damit unterwegs ist. Wenn wir aber wollen, dass der Öffentliche Nahverkehr gestärkt wird, muss auch die Qualität stimmen. Ob das Autonome Fahren hierfür eine Lösung ist? Aufgrund des zu erwartenden Personalmangels wird es wohl unumgänglich sein, auf fahrerlose Transportmittel zu setzen. Fehlt noch die Akzeptanz der Menschen. Dafür wurde auf der IAA ordentlich geworben. Wenn wir jetzt unsere Innovationskraft nutzen, kann’s vorwärts gehen in Deutschland.


Autorin Jessica Blank.

„Ich war enttäuscht, dass auf der IAA 2025 nur ein Fahrradhersteller ausstellte. Denn das Rad wird in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen.“

Jessica Blank

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