Wildschwein läuft über eine dunkle Straße. /© Olga Ко

Wildunfälle: Warum Bremsen besser ist als Ausweichen

3 min

10.10.2025Wolfgang Sievernich

Mit der Umstellung auf die Winterzeit am 26. Oktober 2025 steigt wieder das Risiko von Wildunfällen. Wer bei Wildwechsel reflexartig ausweicht, riskiert schwere Verletzungen. Warum Bremsen und Spurhalten Leben retten können.
 

Wildunfälle gehören zu den alltäglichen Risiken im Straßenverkehr. Fast jeder Autofahrer hat schon einmal eine brenzlige Begegnung mit Reh oder Wildschwein erlebt. Nicht selten enden solche Situationen in schweren Unfällen. Besonders hoch ist die Gefahrenlage außerorts auf Land-, Kreis- und Bundesstraßen, speziell an Feld- und Waldrändern sowie im Wald. 

Verhalten nach dem Wildunfall

  • Unfallstelle sichern
  • Polizei/Rettungsdienst informieren
  • Tier nicht berühren
  • Unfallort und Fahrzeug fotografieren
  • Wildunfallbescheinigung von Polizei, Jagdpächter oder Förster ausstellen lassen
  • Vor Beseitigung der Wildspuren Kfz-Versicherer kontaktieren

Ausweichmanöver enden meist in Gräben, an Bäumen oder Böschungen

Wildwechsel kann jederzeit auftreten, vor allem jedoch in den frühen Morgen- und späten Abendstunden, wenn das Wild auf Futtersuche ist. 

Ein Blick auf die Unfallzahlen zeigt das Ausmaß: Im Jahr 2023 registrierte das Statistische Bundesamt 2.351 Wildunfälle. Dabei verunglückten insgesamt 2.771 Menschen, 449 von ihnen schwer, acht tödlich. Auffällig ist, dass nur 23 Prozent der Fahrer tatsächlich mit dem Tier kollidierten. Weitaus häufiger – in 60 Prozent der Fälle – geschah der Unfall beim Ausweichmanöver und endete meist im Straßengraben, an Bäumen oder Böschungen. Die Unfallfolgen solcher Ausweichmanöver sind dabei oft gravierender als die direkte Kollision mit dem Wild selbst, erklärt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Björn-Steiger-Stiftung. 

Ausweichmanöver bergen Gefahr für schwere Verletzungen

„Jede moderne Fahrzeugkarosserie hält einen Frontalaufprall mit einem Reh oder einem Hirsch ohne weiteres aus. Gurt und Airbag verhindern schwere Verletzungen", sagt Brockmann. Unter allen polizeilich erfassten Unfällen zwischen 2021 und 2023 kam es nur einmal vor, dass Wild die Frontscheibe durchschlug und Insassen gefährdete. Weitaus schwerer trifft es Autofahrer, wenn ihr Wagen neben der Straße landet. 

Auch wenn es schwerfällt: Bei Wild auf der Fahrbahn heißt es bremsen statt ausweichen. Da der Ausweichreflex beim Menschen tief verankert ist, könne man ihn nur durch gezieltes Fahrsicherheitstraining abtrainieren, so Brockmann: Vollbremsung, Spur halten und draufhalten!

Unfallfolgen steigen bei Hindernissen neben der Straße

Im freien Gelände, etwa auf einem Feld, kann ein Ausweichmanöver ohne Überschlag für die Insassen noch vergleichsweise glimpflich ausgehen, sagt Brockmann – Schäden am Fahrzeug bleiben aber auch hier nicht aus. Trifft das Auto aber seitlich auf einen Baum am Straßenrand oder wird wie ein Katapult über eine Böschung geschleudert, können die Unfallfolgen deutlich schwerwiegender, möglicherweise sogar tödlich ausfallen. 

Verkehrsschild mit einem Reh darauf. stock.adobe.com/©Ingo Bartussek Bildnummer: _179260357

Wichtig zu wissen:
ARCD-Clubhilfe bei Tierschaden

  • ARCD-Mitglieder erhalten in den ersten drei Mitgliedsjahren bis zu 100 Euro Erstattung ihrer tatsächlichen Reparaturkosten
  • Ab dem 4. Jahr bis zu 300 Euro
  • Nach Abzug eventueller Versicherungsleistungen übernimmt der ARCD bis zu 50 Prozent der verbleibenden Schadensumme
     

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Auto verhakt und überschlägt sich im Crashtest

Die Björn-Steiger-Stiftung hat deshalb in einem Crashtest untersucht, was geschieht, wenn ein Pkw mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h nach einem Ausweichmanöver im Graben landet. Kurz gesagt: Das Auto verhakt und überschlägt sich. Für die Insassen kann das böse ausgehen: Wirbelsäulenverletzungen, Knochenbrüche und innere Organschäden drohen. 

Fahrzeug weicht in einem Crashtest einer Reh-Attrappe aus.
Die Björn-Steiger-Stiftung hat in einem Crashtest untersucht, wie ein Auto auf den Aufprall in einen Straßengraben reagiert. Foto: Björn-Steiger-Stiftung
Fahrzeug schlägt in einem Crashtest in einen Graben ein.
Abhängig von der Grabenbreite kommt es häufig zu einem Verhaken des Fahrzeugs mit anschließendem Kontrollverlust. Foto: Björn-Steiger-Stiftung
Fahrzeug überschlägt sich in einem Crashtest.
Nach dem Aufprall überschlägt sich ein Auto häufig. Schwere Verletzungen bei den Insassen sind die Folge. Foto: Björn-Steiger-Stiftung

Verschiedene Grabenformen lassen unterschiedliche Unfallverläufe zu

Für den Test wählten die Forscher eine breite Grabenform. In der Praxis finden sich jedoch auch schmalere und tiefere Gräben mit unterschiedlich hohen Böschungen, die verschiedene Szenarien des weiteren Unfallverlaufs zulassen. Weil Entwässerungsgräben beim Aufprall grundsätzlich ein hohes Verletzungsrisiko bergen, sollten sie bei künftigen Straßenbauprojekten nach Ansicht von Brockmann deshalb vermieden werden. Schutzplanken neben der Fahrbahn seien eine sichere Wahl. Eine zuverlässige Entwässerung lasse sich – wie auf Autobahnen – auch ohne Gräben realisieren. 

Viele Autofahrer fahren schneller als erlaubt

Entscheidend für die Schwere des Unfalls sei die gefahrene Geschwindigkeit, erklärt Brockmann. „Ein Wildunfall läuft bei 80 oder 90 km/h anders ab als mit 120.“ Die Auswertung der Unfalldaten ergab, dass viele Fahrer schneller unterwegs waren, als es die Situation erlaubte – oft sogar über dem Tempolimit. Wildwechselschilder und Geschwindigkeitsbeschränkungen über zig Kilometer zeigten kaum Wirkung. „Das Tempo muss runter“, betont Brockmann. Nur so lassen sich Wildunfälle und ihre oft verheerenden Folgen verhindern. 

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