Schnellcheck: Abarth 600e – eine elektrische Rakete für die Straße

3 min

31.10.2025Wolfgang Sievernich

Extrovertierter Auftritt, giftige Beschleunigung und kompromisslos sportliches Fahrwerk. Der Abarth 600e ist kein braver Alltags-Stromer, sondern ein Rennpferd auf Steroiden.

„Der sieht doch aus wie ein Fiat“, sagt unser Gegenüber – und ganz falsch liegt er damit nicht. Denn die Marke Abarth ist seit Jahrzehnten eng mit Fiat verbunden. 1949 vom Italiener Carlo Abarth gegründet, machte sich das Unternehmen schnell einen Namen mit kleinen, sportlichen Rennwagen. 1971 übernahm Fiat. Seit der Fusion von Fiat Chrysler (FCA) mit PSA im Jahr 2021 zählt Abarth zum großen Stellantis-Konzern, dem auch Opel, Peugeot und Citroen angehören. Der von uns gefahrene rein elektrische Abarth 600e basiert auf dem Fiat 600e und markiert die sportliche Speerspitze der Kompakt-SUV-Baureihe.

Kurz-Bewertung 

Fahreindruck3
Bedienbarkeit4
Umwelt3

 

Abarth 600e in der Seitenansicht.
Foto: Wolfgang Sievernich

Mit dem Abarth 600e ist ein sportlicher Auftritt garantiert

Bescheidenheit ist nicht seine Stärke: Quietschgrüne Lackierung, Tieferlegung, bullige 20-Zoll-Alus im 225/40-R20-Format, Spoiler vorne wie hinten und ein mächtiger Abarth-Schriftzug an der Flanke – all das versprüht den Charme eines extrovertierten Kraftmeiers. Wer Aufmerksamkeit sucht, findet im rein elektrischen Abarth 600e den perfekten Auftritt. Er ist in zwei Ausstattungsstufen erhältlich: als 175 kW/240 PS starker Turismo ab 44.990 Euro oder als 207 kW/280 PS starker Scorpionissima (im Bild) für 48.990 Euro. 

Blick auf den Vorderreifen des Abarth 600e.
Foto: Wolfgang Sievernich

Giftig, flink und nichts für Ungeübte

Prägnant prangt auf den vorderen Kotflügeln das Skorpion-Logo, das die Marke Abarth symbolisiert. Bei Nässe, Bodenwellen oder Asphalt-Flickenteppichen reagiert der 207 kW/280 PS starke Fronttriebler beim kräftigen Beschleunigen – etwa beim Überholen – äußerst giftig. Das ist nichts für Ungeübte. Selbst Routiniers müssen das Lenkrad fest im Griff behalten und ihre Grenzen kennen. Auf ebener, trockener Fahrbahn fährt sich der Wagen wie ein Gokart und zaubert dem Fahrer ein breites Grinsen ins Gesicht. Das straff abgestimmte Fahrwerk vermittelt eine direkte Rückmeldung, ist jedoch nichts für Bandscheibengeschädigte. Der spürbare Verzicht auf Fahrkomfort kann auf Dauer unangenehm werden: Stöße werden unmittelbar in den Innenraum geleitet, was die Fahrfreude auf langen Strecken merklich schmälert. Trotzdem sorgt die relativ hohe Bauweise des Kompakt-SUV bei starker Beschleunigung für spürbare Wankbewegungen. Auf welligen Landstraßen wirkt das Fahrgefühl dadurch unruhig.

Abarth 600e in der Heckansicht.
Foto: Wolfgang Sievernich

Fahrspaß mit Nebenwirkungen

Mit Dachspoiler und Stoßstangenverkleidungen zieht der Abarth 600e auch von hinten alle Blicke auf sich. Akustisch geht er eigene Wege: Einen klassischen Auspuff gibt es natürlich nicht, stattdessen lässt sich per Tastendruck ein elektronischer Soundgenerator aktivieren. Dessen künstlicher Klang wirkt überraschend authentisch, will jedoch nicht recht zum eher leisen Charakter eines Elektroautos passen – selbst nicht zum betont sportlich auftretenden Abarth. Unüberhörbar sind dagegen die lauten Abrollgeräusche der 20-Zoll-Niederquerschnittsreifen im Innenraum. 

Innenraum des Abarth 600e.
Foto: Wolfgang Sievernich

Sportsitze mit Stil – aber nicht für jede Jahreszeit geeignet

Die Sportsitze sind serienmäßig mit Alcantara bezogen und bieten dank ausgeprägter Seitenwangen sicheren Halt auch in schnellen Kurven. Mit Sommerkleidung sitzt es sich bequem, mit dicker Winterjacke könnte es jedoch eng werden. Vorn ist die Kopffreiheit großzügig, die Beinfreiheit reicht für große Fahrer gerade noch so aus.

Cockpit des Abarth 600e.
Foto: Wolfgang Sievernich

Präzision, Übersicht und ein Schlagzeug-Blinker

Das kleine Lenkrad im Motorsport-Stil liegt hervorragend in der Hand, eine farbige Markierung zeigt die Mittelstellung der Vorderräder. Digital-Tacho und Display sind gut ablesbar, die Menüführung dagegen weniger intuitiv. Sehr praktisch sind die traditionellen Tasten unterhalb des Bildschirms, die sich auch während der Fahrt problemlos bedienen lassen. Originell, aber nicht jedermanns Sache: Der Blinker-Sound erinnert an Snare und Bassdrum vom Schlagzeug – verstellen lässt er sich nicht. 

Das E-Auto verfügt über eine zweistufige Rekuperation: In der normalen Einstellung („D“) wird moderat Energie zurückgewonnen, in der stärkeren Variante („B“) deutlich mehr. Einen Segel-Modus ohne Energierückgewinnung – etwa für längere Fahrten auf der Autobahn – gibt es dagegen nicht.

Display mit Bild der Rückkamera des Abarth 600e.
Foto: Wolfgang Sievernich

Digitales Rückfahrbild mit Verzögerung

Die Rückfahrkamera liefert ein breites Bild im Display, schaltet bei langsamer Rückwärtsfahrt jedoch nicht immer automatisch zu. Stattdessen bleibt oft das Radiomenü sichtbar – genau dann, wenn man die Kamera am dringendsten braucht, etwa beim Einparken. Man muss entweder warten, bis sie zuschaltet, oder sie manuell aktivieren. Das kann beim Rangieren lästig sein. 

Ansicht der Rückbank des Abarth 600e.
Foto: Wolfgang Sievernich

Beinfreiheit in der zweiten Reihe eng bemessen

Auf den hinteren Sitzen geht es sehr beengt zu. Großgewachsene Familienväter sollten sich gut überlegen, ob sie ihre Kinder hinten wirklich einsteigen lassen wollen – die Beinfreiheit ist bei zurückgeschobenen Vordersitzen äußerst knapp bemessen. 

Kofferraum des Abarth 600e.
Foto: Wolfgang Sievernich

Flexibler Stauraum mit kleinen Einschränkungen

Das Kofferraumvolumen beträgt 360 Liter und bietet Platz für zwei bis drei mittelgroße Taschen oder Koffer für das Wochenende. Werden die Rücksitzlehnen umgeklappt, wächst das Volumen auf bis zu 1.236 Liter. Das serienmäßige Mode-3-Ladekabel für die Haushaltssteckdose lässt sich unter dem Laderaumboden verstauen. Das Problem: Bei beladenem Kofferraum lässt sich das Fach nur beschwerlich öffnen. In dem Zusammenhang: Das optional erhältliche Mode-2-Ladekabel für das 11-kW-Laden an der heimischen Wallbox oder öffentlichen AC-Ladesäule kostet 410 Euro extra. 

Abarth 600e an der Ladesäule.
Foto: Wolfgang Sievernich

Ordentlicher Verbrauch, aber übersichtliche Reichweite

An der Schnellladesäule lädt der Abarth 600e seinen Akku von 0 auf 80 Prozent in nur 27 Minuten auf. Die maximale Ladeleistung beträgt 100 kW – ein Wert, wie er auch bei vergleichbaren Modellen von Opel, Peugeot und Citroën üblich ist. Im Test lag der Verbrauch durchschnittlich bei 19 kWh, in der Stadt und auf Überlandstrecken minimal bei 15 kWh, auf der Autobahn eher bei 24 kWh. Laut Hersteller liegt die Reichweite der getesteten 207 kW/280 PS-Version des Abarth 600e mit ihrem 54-kWh-Akku bei bis zu 344 Kilometern. In der Praxis hängt diese jedoch stark vom Fahrstil, dem gewählten Fahrmodus (Tourismo, Scorpion Street, Scorpion Track) und dem Fahrprofil ab. Gerade bei einem so sportlich ausgelegten Fahrzeug wie dem Abarth 600e zeigt sich: Reichweitenangaben sind nicht automatisch gleichbedeutend mit gefahrenen Kilometern. Im Testalltag verloren wir auf einer gemischten Strecke aus Stadt, Land und Autobahn im Schnitt 25 Prozent mehr Reichweite als wir tatsächlich an Kilometern zurückgelegt hatten. 

ARCD Mitarbeiter Wolfgang Sievernich.

„Der Abarth 600e macht ohne Frage Spaß. Doch wenn 280 Pferde an der Vorderachse zerren, muss der Fahrer hellwach sein. Das Auto ist nichts für Anfänger.“

Wolfgang Sievernich


Technische Daten Abarth 600e Scorpionissima

MotorE-Motor, 207 kW/280 PS, 345 Nm
Norm-/Testverbrauch18,9 kWh (WLTP)/19 kWh
CO2-Ausstoß Norm/Test0 g CO2/km (WLTP)/ 0 g CO2/km
L x B x H4,19 x 1,78/k. A. x 1,56 m
Kofferraum360–1.231 l
Zuladung300 kg
Anhängelastkeine
Stützlastkeine
Akku-Kapazität 51 kWh (netto)
Reichweite lt. Hersteller 315–344 km
Kfz-Steuer/Jahr0 €
Preis ab48.990 €

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